Beamforming versus Array-Mikrofone im Konferenzbereich
Zunächst soll zwischen den Begriffen Beamforming und Array-Mikrofon differenziert werden, da der Begriff Beamforming mittlerweile synonym für Array-Mikrofone verwendet wird. Kurz zusammen gefasst: ein Beamforming System nutzt zwar ein Mikrofon-Array, ein Array-Mikrofon muss jedoch nicht dem Beamforming dienen.
Das Beamforming-Verfahren dient der Schalllokalisation, um zum Beispiel in Verbindung mit einem Bild als „optische Kamera“ zu fungieren. Das Bild der Emissionsquelle (z.B. Auto, Maschine, Windrad) wird dabei von einer Grafik, die das Schallfeld repräsentiert, überlagert. So lassen sich schalltechnische Sachverhalte analysieren. Die Anordnung (englisch: Array) der Mikrofone lebt quasi von räumlich separierten Mikrofonen. Abstände sind hier nicht störend, da keine hörbare Summe gebildet wird, sie erleichtern vielmehr die mathematische Ermittlung der Schalleinfallsrichtung – in der Regel über sich ergebende Laufzeitunterschiede.
Bei Array-Mikrofonen wird hingegen die räumliche Nähe der Mikrofonkapseln (Empfänger) erzwungen um eine akustisch konstruktive Interaktion zu erzielen. Viele oder gar alle Mikrofonkapseln werden hierbei zu einem akustischen Summensignal zusammengeführt. Durch die räumliche Nähe sind Laufzeitunterschiede – idealerweise – ohne destruktive Effekte, wie hörbare, störende Interferenzeffekte (Kammfilter), nutzbar. Die Vielzahl der Einzelsignale summiert vielmehr so konstruktiv, dass damit die Aufnahmegeometrie sich gewollt ändert. Erfolgt die Array-Ausdehnung nur in eine Achse, analog einer Zeile, wie beim Kardioid-Ebenen-Mikrofon (kurz KEM), ergibt sich eine vertikale Einengung der Richtempfindlichkeit. Erfolgt dies auf einer ganzen Fläche, also alle Richtungen, stellt sich eine Richtempfindlichkeit in eben diese Richtungen ein. Durch sinnvolle Summierung, einhergehend mit Anpassung von Pegel, Phase oder teils Frequenzspektrum lässt sich dann sogar die Hauptachse des Mikrofons verstellen. Array-Mikrofone ist somit dem Wirkprinzip des Beam-Steering / Beam-Shaping bei Lautsprechern vergleichbar.
Array-Mikrofone können also helfen Aufnahmesituationen zu verbessern. Mikrofone werden nämlich, nicht selten, wie ein ungewolltes Kind behandelt, weshalb Ihnen regelmäßig nicht die Aufmerksamkeit zu kommt, die es für eine qualitativ gute Sprachverständlichkeit bedarf. In der Regel sind es visuelle oder platzorganisatorische Gründe, weshalb diese häufig nicht auf den Tisch gestellt oder in diesen eingebaut werden sollen. Auftischmikrofone, egal wie filigran sie sein mögen und gleich welcher Art besitzen ihre bekannten Probleme, wie z.B. veränderliche Positionierung oder Verdeckung durch Mappen und Blätter. Selbiges gilt generell auch für Einbaumikrofone. Insbesondere dann, wenn Tische mobil oder demontierbar sein sollen, kann ein Einbau zudem hinderlich sein. Noch sensibler wird es, wenn ein handgefertigtes, hochqualitatives Einzelstück oder althistorisches Mobiliar ins Spiel kommt.
Deckenmikrofone, wie sie bisher am Markt verfügbar waren und zum Einsatz kommen, bieten, gleich welcher Hochwertigkeit, selten das ausreichende Direktschall-Diffusfeld-Übertragungsverhältnis, das für eine verständliche oder qualitativ angemessene Aufnahme nötig ist. Sie sind meist schlicht weg zu weit entfernt, insbesondere, wenn der Besprechungsabstand, z.B. durch Tisch- oder Raumgeometrie, variiert. Mehrere Mikrofone überlagern sich hingegen und interferieren, selbst wenn elektronische Regelglieder im Hintergrund arbeiten. Der Einbauort selbst, nahe einer Fläche hat ebenso seine Besonderheiten. Das Arrangement der Mikrofone ist daher sensibel, vor allem dann, wenn sich die Anzahl der Teilnehmer oder die Position des Tisches ändert.
Aktive, elektronisch ausrichtbare Array-Mikrofone können hierbei helfen. Solche Technik gab es in der Vergangenheit bereits, meist experimenteller Natur. Es gilt: Je größer das Array, desto niedriger seine (untere) Grenzfrequenz. Dank der Digitaltechnik und entsprechender Software gibt es mittlerweile jedoch kontrollierbare Array-Mikrofone für den medientechnischen Einsatz, für den Tisch oder die Decke, die hohe Ansprüche an die Aufnahmecharakteristik und Klangqualität erfüllen. Ceiling-Array-Mikrofone oder Table-top-Array-Mikrofone erlauben eine fast unscheinbare Installation und bieten eine hohe Flexibilität hinsichtlich Ausrichtung des Tisches, Sitzposition und Anzahl der Sprecher. Hierbei können meist akustische Sektoren gebildet werden und damit diskrete Bereiche hervorgehoben respektive andere Bereiche diskret aus der Übertragung herausgenommen werden.
Je nach Bauart kommen dabei eine Vielzahl, teilweise weit über 100, gleicher Kapseln zum Einsatz, die über Elektronik oder einen DSP (Prozessor) matriziert werden. Dank des sehr kleinen Formfaktors einer Mikrofonkapsel kann deren gruppenweise Anordnung (Array bzw. Cluster) einfacher gebildet werden, als es beispielsweise bei Lautsprecher-Arrays, mit deren naturgemäß weitaus größeren Bauform, der Fall ist. Die räumliche Nähe von Quellen, bzw. hier Empfänger, zueinander ist Grundbedingung für eine kohärente, also phasengleiche und somit klare, unverzerrte Übertragung. Destruktive Nebenkeulen (Seitenmaxima) oder Einbrüche (Seitenminima), die aus Interferenzbildung herrühren, können somit auf ein Minimum reduziert werden. Der DSP dient also nicht dazu konstruktive Defizite zu eliminieren, sondern viel mehr die konstruktiv korrekte Systematik bestmöglich zu matrizieren und damit die Aufnahmerichtung zu kontrollieren.
Die Vielzahl an Kapseln erlaubt meist auch einen Wechsel der Mikrofonaufnahmecharakteristik. Somit sind omni-direktionale oder klassisch gerichtete Aufnahmengeometrien, aber auch spezielle ringförmige, toroide (ähnlich einem Donut) möglich. Die Toroid-Charakteristik blendet dabei gezielt Geräusche (wie Beamer, Lüftung oder 1. Reflexion) von oben und unten aus. Über Dante angebundene Array-Mikrofone erlauben teils sogar die gleichzeitige Ausgabe der verschiedenen Richtcharakteristika. Array-Mikrofone bieten gegenüber konventionellen Nieren-Mikrofonen einen Distanz-Faktor von 1.6, was eine weitere oder „trockenere“ Abnahme ermöglicht. Die dazu gehörige DSP-Technik bietet ergänzend meist auch Automatik-Mixer und Echo-Reduzierung für VidCo Applikationen an.
Die Kombination mit Lautsprechern in einem Raum ist, wie bei jeglicher Mikrofonierung, weiterhin gezielt zu bewerten. Ebenso gilt dies für die Wahl einer angemessenen Raumakustik, als wesentliches Glied in der Übertragungskette. Array-Mikrofone sind daher kein „Wundermittel“ zur Kompensation von Mängeln in Akustik und Anlagenplanung. Sie ermöglichen vielmehr, bei sinnvollen Rahmenbedingungen, gegenüber konventioneller Mikrofonierung eine weitaus höhere Flexibilität und bieten dabei die Möglichkeit höchster Sprachverständlichkeit für eine größere Gesprächsrunde oder sektorale Fokusierung um einzelne Sprecher zu betonen. Dies bietet bei Mitschnitten, Abnahme zur Übertragung in andere Bereiche, Telefonkonferenzen (TelKo) bzw. Videokonferenzen (VidKo) einen einzigartigen Aufnahme- und Qualitätsvorteil, der durch nachgelagerte Signalbearbeitung jeglicher Art nicht in vergleichbarer Güte erzielt werden könnte.
Deckenmikrofone mit Dante oder Tischmikrofone mit Dante stellen aktuell die rationellste Weise dar hochtechnische Array-Mikrofone in das audiovisuelle Netzwerk einzubinden. Dante ermöglicht es ein Decken-Mikrofonarray bzw. Tisch-Mikrofonarray als „Einkabellösung“ (für Audio, Daten und PoE) mittels Ethernet-Kabel per Link Local Verbindung oder über einen Switch mit anderen Komponenten zu verbinden. Dies erleichtert nicht nur jegliche Neuinstallation sondern ist häufig ein wichtige Rahmenkomponenten bei einer Nachrüstung im Bestand. Die Adaption der Mikrofone an die Nutzung erfolgt über eine Browser-basierende Software-Oberfläche, die spätere Steuerung in der Regel über eine Mediensteuerung. Die Möglichkeit speicherbarer, abrufbarer Voreinstellungen (Presets) erlaubt eine schnelle Anpassung der notwendigen Mikrofonausrichtung. Konfigurierbare LED Anzeigen zeigen dem Nutzer den aktuellen Betriebsstatus. Manche Mikrofonsysteme geben ihre aktive Mikrofonkonfiguration automatisch aus, wodurch die Position des Sprechers eindeutig identifizierbar ist und so zur automatischen Steuerung einer VidCo PTZ Kamera genutzt werden kann.
Deckenarray-Mikrofone lassen sich, trotz ihrer notwendigen Größe, häufig sehr unauffällig, architekturfreundlich integrieren. Entweder als klassische Deckenrasterkassette mit 600 x 600 / 625 x 625 mm, über einen standarisierten VESA-Flansch oder als Version mit Seilabhängung. Die farbliche Anpassung an das restliche Interieure ist selten ein Problem. Moderne Ceiling-Array-Mikrofone bzw. Table-Top-Mikrofone bieten somit die Möglichkeit unauffälliger Montage, höchster Sprachverständlichkeit und gezielter Bildung von Sprecherzonen – und dies mit einem hohen Direktschallanteil, der für eine natürlich klingende und hochverständliche Wiedergabe unabdingbar ist. Die Qualität jeglicher (Fern-)Kommunikationsdienste mit Präsenzfunktionen, neudeutsch auch Unified Communications (UC) genannt, wird dadurch gesteigert und einem persönlichen Face-to-Face Gespräch angenähert.
Fazit: Beam-Shaping Mikrofone sind Techniken die nicht immer notwendig oder gar sinnvoll sind. Letztendlich stellen Sie auch eine relevante Investitionsposition dar. Wie jedes Werkzeug sollte daher die Wahl an die Nutzung angepasst sein. Allerdings ist für anspruchsvolle Konferenznutzer der Einsatz solcher Spezialmikrofone wohl die effektivste Lösung, um deren Gesprächspartnern ein bestmögliches, effektives Kommunikationsumfeld zu bieten.